3 Schritte zur Befreiung aus der Perfektionismusfalle

„Ich kam nach Hollywood ohne meine Nase korrigiert, die Zähne überkront und meinen Namen geändert zu haben.  Das befriedigt mich wirklich.“ Barbra Streisand

 

Als ich den Titel von Jutta Helds Blogparade „Sei UnPerfekt“ las, erinnerte ich mich daran, in welchem Zusammenhang ich den Begriff „perfekt“ zum ersten Mal gehört hatte.

 

Ein kleiner grammatikalischer Rückblick

Ich war 17 Jahre alt, hatte mein Abitur in der Tasche und lernte Deutsch in der fernen Mongolei für mein späteres Studium in Deutschland.

Die Zeitformen von Perfekt, Imperfekt und Plusquamperfekt haben mich und andere Sprachschüler viele Mühen gekostet, diese verstanden und im richtigen Zusammenhang angewandt zu haben. Oder heißt es doch angewendet 😉 Hier eine kleine Auffrischung:

Die vollendete Vergangenheit von Perfekt drückt das Ergebnis einer Handlung aus.

Beispiel: Ich habe Deutsch gelernt, sonst könnte ich diesen Blogartikel nicht schreiben.

Bei der Vorvergangenheit des Plusquamperfekts geht es um Handlungen, die zeitlich vor einem bestimmten Zeitpunkt in der Vergangenheit stattgefunden haben. Dabei blicke ich auf etwas zurück, das zuvor passierte.

Beispiel: Ich hatte keine Ahnung von solchen Nuancen einer indogermanischen Sprache gehabt, bevor ich mit dem Lernen von Deutsch anfing.

Das Imperfekt oder Präteritum bringt Fakten und Handlungen in der Vergangenheit zum Ausdruck, insbesondere in der Schriftsprache.

Beispiel: Ich fragte die Lehrer nach der Bedeutung dieser grammatikalischen Strukturen, wälzte dicke Wörterbücher, dachte viel über die feinen Unterschiede nach und gelangte mit der Zeit zur Ansicht, dass Deutsch tatsächlich die Sprache der Dichter und vor allem der Denker sein muss 🙂

 

Kultureller Unterschied 

Als ich ein Jahr später nach Deutschland kam, hörte ich immer wieder die Ausdrücke, wie „Oh, das hast du perfekt gemacht, Glückwunsch!“, „Das nenne ich einen perfekten Kuchen“, „Der Ausflug war perfekt“ oder „ein(e) perfekte(r) Mutter/ Vater / Frau/ Mann tut dies oder jenes (nicht)“. Mit der Zeit ahnte ich, dass das Perfektsein oder zumindest das Streben nach der Perfektion eine große Bedeutung für Menschen in diesem Land hat. Umso mehr fiel mir als Kontrast die nomadische Gelassenheit und die „Unperfektion“ meiner Landsleute auf, wenn ich in den Semesterferien in die Mongolei flog.

Die Definition von Perfektion hat zwei Nuancen: die Vollkommenheit, also ein Zustand, der sich nicht noch weiter verbessern lässt, also das Maximum des jeweils Erreichbaren, das Ideal, und die Unfehlbarkeit, also Irrtumslosigkeit, Fehlerlosigkeit und Perfektion im Handeln, die im Glauben einzelner Religionen, Konfessionen und Ideologien eine Rolle spielt.

Die Realität zeigt jedoch, dass wir Menschen, unser Leben und die Welt, in der wir leben, sowohl unvollkommen als auch nicht unfehlbar sind. Weder unsere Eltern, Ehepartner, Freunde und Kinder, noch die Unternehmen oder die Regierungen sind perfekt, vollkommen oder unfehlbar, was der ganzen Betrachtung neben einer möglichen Entrüstung oder Enttäuschung auch Lebendigkeit, Flexibilität und eine Prise Humor verleihen kann. Es ist eine Frage der Wahl.

Das Leben eines jeden Menschen, unabhängig von seiner Herkunft, gleicht einem Fluss. Die Quelle des Lebensflusses markiert die eigene Geburt, die zu einem quirligen Bach wird, der seine Stärke mit jeder zurückgelegten Meile durch Berge und Täler, Wüsten und Oasen gewinnt und dabei große und kleine Hindernisse überwindet, evtl. Nebenarme bildet und sie speist, sprich Kinder bekommt, und irgendwann in einem großen Ozean mündet, in dem jedes Leben – bildlich gesprochen – endet.

Würde der Fluss in einem idealen Gelände fließen, wie würde es aussehen? Und welcher Fluss unter vielen, vielen anderen wäre dabei der perfekte von allen? Gerade die Art und Weise, wie das Wasser, sprich der Mensch, seinen Weg in der abwechslungsreichen Landschaft findet, Hindernisse umfließt oder überwindet, seine Stärke gewinnt, macht den Fluss, also das Leben, so interessant und lebendig.

 

Das psychodynamische Modell des Perfektionismus

Wenn man also die unperfekte Realität des Lebens als gegeben annimmt, dann geht es statt Perfektion vielmehr um das psychologische Phänomen, aus bestimmten Gründen perfekt sein zu wollen.

Gemäß dem psychodynamischen Modell von Raphael M. Bonelli ist Perfektionismus ein angstvolles Vermeidungsverhalten, bei dem es zum Missverhältnis zwischen „Soll“, „Ist“ und „Muss“ kommt. Eine Spannung zwischen dem „Soll“, also dem Ideal, und dem „Ist“, also der Realität, eines Menschen kann von einem Perfektionisten nicht ertragen werden, weil das nie vollständig realisierbare „Soll“ für ihn einem permanenten Vorwurf entspricht, noch nicht perfekt zu sein. So verwandelt sich das „Soll“ zum angstauslösenden „Muss“ vor dem Hintergrund einer überzogenen Angst vor Fehlern und der damit verbundenen Kritik. „Es geht dem Perfektionisten nicht um die Perfektion an sich, sondern um die damit verbundene bombensichere Unantastbarkeit“ (R. M. Bonelli: „Perfektionismus: Wenn das Soll zum Muss wird“, Pattloch-Verlag, München 2014, S. 332 ff.).

Dieses Modell erklärt sehr anschaulich den Mechanismus des Perfektionismus. Ein Mensch befindet sich in einem massiven Spannungsfeld, da die erlebte Realität nicht seinen unerreichbaren und damit irrealen Idealvorstellungen entspricht. Er hat Angst, nicht gut, schön, schlank, jung, intelligent, etc. genug zu sein oder nicht gelobt, geachtet, bewundert, geliebt etc. zu werden. Er fühlt sich deswegen angreifbar, verwundbar und schuldig, deswegen macht und tut er alles, was ihn davor „schützt“. Dieser Mensch strengt sich an, um nach einem Phantom zu jagen und verbraucht, ja vergeudet dafür seine wertvollen und gleichzeitig begrenzte Ressourcen und verursacht für sich und möglicherweise für seine Umgebung enormen Stress.

 

Die Pareto-Regel

Während meines VWL-Studiums an der Bonner Universität habe ich die sog. 80-zu-20-Regel des italienischen Ökonomen Vilfredo Pareto kennengelernt. Demnach werden 80 % der Ergebnisse mit 20 % des Gesamtaufwandes erreicht. Die verbleibenden 20 % der Ergebnisse benötigen mit 80 % die meiste Arbeit.

Das bedeutete, dass ich unter der Voraussetzung des effektiven Lernens mit 20% des Lern- bzw. Zeitaufwandes 80% des Klausurstoffs lernen konnte, sodass die restlichen 20% und somit 100% des Lernstoffs zu beherrschen, mit deutlich mehr Zeitaufwand und Anstrengung verbunden war.

Das war eine der Schlüsselerkenntnisse meines Lebens und bedeutete damals auch für einige andere Kommilitonen eine Befreiung aus der sich selbst auferlegten „Gefangenschaft“, vor einer Klausur bis in die Nacht lernen zu müssen, aus Angst durchzufallen oder eine schlechte Note zu schreiben. Das war für junge Erwachsene, die wir waren, ein bedeutender Schritt aus der Perfektionismusfalle und ermöglichte mir persönlich mehr Freizeit zu haben und am Ende einen guten Studienabschluss zu machen.

Auch diesen Blogartikel schreibe ich nach diesem Prinzip, sodass eine durchdachte ausführliche Gliederung in der Schreibphase von insgesamt zwei Nachmittagen bereits 80% des Inhalts und somit meines Vorhabens wiedergibt.

 

In 3 Schritten aus der Perfektionismusfalle

Perfektionismus ist unnatürlich im Sinne von unrealistisch und verursacht viel Stress. Du hast dagegen die Wahl, dein Leben und seine Bereiche im Einklang mit Naturgesetzten und deinen wahren Bedürfnissen wie Freude, Liebe und Glück zu gestalten.

1. Fasse den Entschluss, die verbleibende Zeit sinnvoll zu nutzen

Mache dir bewusst, dass die dir zur Verfügung stehende Lebenszeit begrenzt ist und daher eine wertvolle Ressource darstellt. Würdest du deswegen aufbegehren, dich beklagen oder die Zeit sinn- und freudvoll anfangen zu nutzen, um das zu erreichen, was dir wirklich, wirklich wichtig ist und so zu leben, wie du (und nicht andere) gerne möchtest?

Es gibt nichts Absolutes, Vollkommenes oder 100%-iges, wie das bekannte Yin-Yang-Symbol lehrt. Eine Qualität birgt den Keim der anderen in sich. Der Bundestrainer Sepp Herberger lehrt seine Mannschaft im Kinofilm „Das Wunder von Bern“ diese alte Weisheit vor dem Endspiel gegen Ungarn, dass alles Gute und Schöne bereits den Keim der Zerstörung in sich bergen würde und umgekehrt auch, sodass die deutsche Nationalelf eine Chance gegen die seit vier Jahren andauernde Unbesiegbarkeit der ungarischen Fussballmannschaft haben könnte. Es gibt demnach im Leben Phasen des Erfolgs, die sich irgendwann zu Niederlagen entwickeln können und umgekehrt.

2. Überlege dir, welche Ängste und Bedürfnisse sich hinter deinem Perfektionismus verbergen

Denke über das Spannungsfeld nach, das du zwischen deiner Wirklichkeit (Ist-Situation) und deiner idealen Welt (Soll-Situation) aufgebaut hast. Welche Angst lässt dich annehmen, dass du etwas gegen dieses Missverhältnis unternehmen musst, sich nicht der Kritik von außen auszusetzen? Ich kannte eine Frau, die sich scheiden lies, weil ihr Mann kein Akademiker war und sie sich deswegen schämte, dass er ihr nicht „ebenbürtig“ war.

Und welches Bedürfnis nach Lob, Anerkennung, Liebe etc. äußert sich durch deinen Perfektionismus und wie kannst du es auf eine andere, weniger anstrengende Art befriedigen? Müssen denn tatsächlich 5 kg heruntergehungert werden, damit man und vor allem frau eine gute Figur am Strand machen kann? Übrigens, damit man eine Strandfigur hat, muss man nur zwei Dinge tun: eine Figur haben und an einen Strand gehen. Und wetten, egal wie man/frau sich mit dem Abnehmen anstrengt, es wird immer Menschen geben, die einen schlankeren oder fülligeren, jüngeren oder älteren Körper haben werden 🙂

3. Schließe Frieden mit dir selbst und übe Gelassenheit für dich und die anderen

Perfektionismus entsteht aus Angst vor dem Leben, setzt Menschen unter massiven Druck und tötet Zufriedenheit und Lebensgenuss. Er macht einsam und verbissen, birgt ein riesengroßes Enttäuschungspotenzial und schürt Versagensängste.

Es ist beruhigend und befreiend zu wissen, dass kein Mensch in seinem Handeln und Denken perfekt sein kann. Deswegen hast du die Wahl, in den Bereichen deines Lebens Frieden mit dir und anderen zu schließen, wo du dich noch mehr perfektionieren und unnötig anstrengen wolltest.

Reiki und vor allem Rainbow Reiki® ist eine effektive Möglichkeit zum Abbau von Stress und zur Lösung des Spannungsverhältnisses zu sich selbst und der Umwelt. Die physische und mentale Entspannung und Vitalisierung kann in kürzester Zeit von nur 20 Minuten mittels der besonderen Ganzbehandlung des Rainbow Reiki® (erlernbar im 1. Grad Seminar), einer Art Reiki-Quantenlichtbad, erreicht werden. Auch tiefgreifende Persönlichkeitsentwicklung ist bereits mit den Methoden des 2. Grads Rainbow Reiki® möglich.

Aus meiner Sicht leben wir, um in dieser unperfekten, bunten und verrückten Welt vielfältige Erfahrungen zu sammeln, Ziele zu erreichen und zu verfehlen, zu lieben, zu hassen, glücklich oder enttäuscht zu sein, erfolgreich oder weniger erfolgreich zu sein, zu wachsen oder es sein zu lassen. Und nach Möglichkeit mit der Gelassenheit einer Barbra Streisand laut dem obigen Zitat 😉

3 Comments

  • Jutta Held

    Reply Reply 7. Juni 2016

    Liebe Bolormaa,

    vielen Dank für Deinen Artikel zu meiner Blogparade, der einen so weiten Blick über den Begriff Perfektionismus schweifen lässt.

    Er erzählt was dahinter steckt und als Geschenk verrät, wie man mit 3 Schritten aus der Perfektionismusfalle rollen kann.
    Das wunderbare ist, mit diesen 3 Schritten kann man gleich anfangen, denn dazu braucht man nur sich selbst. (…wenn es alleine nicht klappt kann man sich nach Unterstützung umsehen).

    Durch den Artikel ist mir bewusst geworden, wie anders die Sichtweise auf ein Wort sein kann, wenn man eine Sprache neu lernt und damit beginnt den Menschen, die in dieser Sprache sprechen, zu zu hören.

    Das Zitat von Barbar Streisand ist einfach so passend! Danke fürs Finden!

    „Ich kam nach Hollywood ohne meine Nase korrigiert, die Zähne überkront und meinen Namen geändert zu haben. Das befriedigt mich wirklich.“ Barbra Streisand

    Ganz liebe Grüße
    Jutta

    • Bolormaa

      Reply Reply 7. Juni 2016

      Liebe Jutta,

      die humorvolle Individualität gepaart mit etwas tieferen Erkenntnissen und eigenständig umsetzbaren Lösungen ist mir wohl gelungen, daher ich danke dir ganz herzlich für deinen Kommentar!
      Erfrischend fand ich das Zitat von Barbra Streisand, das dir ebenfalls gut gefallen hat und welches in einem „internen Rennen“ gegen das von George Bernard Shaw gewonnen hat:
      „Hätte man bei der Erschaffung der Welt eine Kommission eingesetzt, dann wäre sie heute noch nicht fertig“.

      Liebe Grüße
      Bolormaa

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