Glaubst du noch oder überprüfst du schon – Ego-Modelle erkennen und Seelenwünsche wahrnehmen

„Wenn man einen Hammer hat, sieht die ganze Welt wie ein Nagel aus“   Mark Twain

Jeder von uns kennt Modelle. Einerseits vereinfachen sie die komplexe Realität. Andererseits lag Mark Twain mit seinem obigen Ausspruch nicht ganz falsch: Modelle erschaffen ihre eigene Realität.

Ein Modell erhebt den Anspruch zu erklären, wie alles mit allem zusammenhängt, was man tun muss oder besser lassen sollte. Doch Vorsicht! Man sollte sich nicht von der Liebe zum System hinreißen lassen, so Adam Smith, der Begründer der freien Marktwirtschaft. Denn Modelle sind letztlich Glaubensfragen.

Der US-amerikanische Wissenschaftsphilosoph Thomas Kuhn erkannte, dass die Wissenschaft meist nur an der Bestätigung ihrer Modele arbeitet und mit Ignoranz reagiert, wenn die Welt mal wieder nicht in diese Modelle hineinpassen will.

Und Karin Frick vom Gottlieb Duttweiler Institut erklärt, dass wir mit Steinzeitmodellen in einer Hightechwelt arbeiten. Denn jedes Modell ist nur unter stabilen Umständen (ceteris paribus, d.h. unter sonst gleich bleibenden Bedingungen) nützlich, in der Komplexität der realen Welt jedoch irreführend und falsch. Die Realität lässt sich nicht auf eine Matrix oder ein Koordinatensystem reduzieren.

Der Glaube an Modelle ist so stark, dass sie mit der Realität verwechselt und für Wirklichkeit gehalten werden. Ein einschlägiges Beispiel dafür ist der ontologische Gottesbeweis von Canterbury. Gott wäre nach diesem „Beweis“ ein Wesen, „worüber hinaus nichts Größeres (Vollkommeneres) gedacht werden kann.“ Also, allein der Gedanke an so ein perfektes Wesen wie Gott setzt seine Existenz voraus. In seiner „Kritik der reinen Vernunft“ kritisiert Immanuel Kant diesen Gottesbeweis als nicht schlüssig. Übrigens, „Wer in Glaubensfragen den Verstand befragt, kriegt unchristliche Antworten“, sagte Wilhelm Busch in „Nur was wir glauben“.

 

Obwohl die Existenz von schwarzen Löchern und die Wirksamkeit von homöopathischen Hochpotenzen beweisbar und überprüfbar sind, fällt es einem in der Regel schwer, sich beides vorzustellen bzw. daran zu glauben, wie es so schön heißt. Andererseits muss nicht alles, woran man glaubt, auch der Realität entsprechen.

 

Die Wirklichkeit ist nicht linear und kann daher nicht wie oben in einem Koordinatensystem mit vier Feldern abgebildet werden. Ein Modell stellt dem Anwender nur eine Brille zur Betrachtung eines vereinfachten Ausschnitts der Wirklichkeit zur Verfügung. Es hilft lediglich die Unübersichtlichkeit der Welt zu reduzieren, zu ordnen, Schwerpunkte zu setzen. Mehr nicht.

Ich höre dich erwidern „Na ja, was hat der wissenschaftliche Modellkram mit mir zu tun?“ Tja, sehr viel, ohne dass du es möglicherweise bewusst merkst. Deswegen frage ich dich, wie dein Modell, auch Idealbild genannt, einer glücklichen Familie aussieht. Vielleicht antwortest du „Vater, Mutter, zwei Kinder und ein Häuschen im Grünen“ (Gewisse Ähnlichkeit mit der Werbung der Bausparkassen ist natürlich rein zufällig 🙂 ) Oder ob du zufrieden bist mit deinem Aussehen, deinem Körper, deinem Job und Verdienst, etc. Oder beim Kochen zum bayrischen Blaukraut chinesische Reisnudeln passen oder ob du dein AC/DC-T-Shirt auch am Casual Friday in der Firma anziehen kannst. Oder was du mit dem altmodischen Geschenk der Erbtante anfangen sollst.

So, wie du dir dich und die Welt vorstellst, ist nichts anderes als Modellbildung. Seit deiner Kindheit entwirfst du dein Bilderbuch über Eltern, Freunde, Lehrer, später über Partner/in, Kollegen, Chefs, Nachbarn, dies oder jenes. Jede Abweichung davon mündet in einer Enttäuschung, lässt dagegen das Idealbild heller leuchten und fest zementieren, nach dem Motto „Ich glaube daran, also bin ich.“ Doch tief in deinem Inneren dämmert es dir, dass du dieses Modell bzw. das Ideal nie erreichen wirst. Auch im Privatleben gilt: Modelle sind irreführend und Idealbilder unrealisierbar.

Ich darf dich jetzt beruhigen: dieser innere Modellbilder bist nicht du, sondern dein Ego. Das Ego orientiert sich nur an Angst und Vergangenheit, sei es Normen, Werte, Gefühle, Handlungen und Erfahrungen. Und das Ego möchte gerne die Welt einfach und berechenbar, wie es ein Modell eben verspricht. Das Ego verwechselt also die Wirklichkeit mit einem Modell, deswegen häufen sich Enttäuschungen, wenn es mal nicht so läuft, wie es im Modell vorgesehen ist.

Wenn die Märchenprinzen auf weißen Rössern ausbleiben, die Körpermaße nicht dem „allgemeingültigen“ Ideal entsprechen,  spätestens mit 30 Jahren kein Vorstandsposten oder eigene Jacht in Reichweite sind, dann ist es Versagen oder Größenwahn, je nach Perspektive des Egos oder der Seele. Ich überzeichne es ein wenig, aber nur ein wenig 🙂 Die Ego-Ziele sind unerreichbar. Zum Glück.

Aus diesem Grund rufe dich dazu auf, dich selbst zu enttäuschen. Ja, richtig gelesen. Wenn es vorher eine Täuschung, eine Selbsttäuschung als Verwechslung des Lebens mit inneren Modellen vorlag, kannst du eine Ent-Täuschung deiner Selbst vornehmen. Damit würdest du herausfinden, welche Modelle für dein vermeintliches Unglück verantwortlich sind, was du mit ihnen erreichen wolltest, welche Bedürfnisse sie befriedigen sollen, die des Angst orientierten Egos oder die der Liebe zugewandten Seele.

Wenn du die Glaubensfragen und die Modelle deines Lebens überprüfst, in Frage stellst, änderst, weglässt etc., kannst du dein Herz und deine Seele besser wahrnehmen, ihren Wünschen folgen und ihre Bedürfnisse befriedigen. Und dann können und dürfen die Wunder des Lebens in dein Leben eintreten.

 

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