21. Juni: Litha, die Sommersonnenwende

Astronomisch betrachtet erreicht die Sonne bei einer Sonnenwende den größten nördlichen oder südlichen Abstand vom Himmelsäquator. Am 21. Juni steht sie über dem nördlichen Wendekreis (Sommersonnenwende auf der Nordhalbkugel, Wintersonnenwende auf der Südhalbkugel). Die Sommersonnenwende markiert zwar astronomisch den Sommerbeginn, traditionell ist sie jedoch die Mitte des Sommers: am längsten Tag des Jahres am 21. Juni erreicht die Sonne den Höhepunkt ihrer Entfaltung, von dem an sie schwindet und die Tage wieder kürzer werden.

Eine der Auswirkungen der Sommersonnenwende kennen die Bewohner von Nordeuropa als Mitternachtssonne und „Weiße Nächte“, wenn es nahe den Polarkreisen einen Tag ohne Sonnenuntergang gibt und die Nacht buchstäblich zum Tag wird. Weiter polwärts herrscht dann wochen- bis Monate lang der Polartag bzw. am Südpol die Polarnacht. Während dieser Zeiträume liegt die tägliche Sonnenbahn vollständig oberhalb bzw. unterhalb des Horizonts.

Von vielen Völkern wird die Verbindung von Sonne und Erde als fruchtbare Vereinigung von Gott und Göttin gefeiert. Das duale Universum beruht auf zwei Säulen: das transzendente, nicht fassbare männliche Göttliche und das materielle, also fassbare und erfahrbare weibliche Göttliche. Unsere materielle Welt ist somit die Welt der Göttin, in der der Gott sich „verkörpern“ kann. Ein Körnchen wird wohlwollend in der Erde aufgenommen, genährt und zu einer Pflanze gezogen. Überlege einfach, wie wir selbst entstanden sind: unsere Eltern haben in einem Schöpfungsakt, der von Liebe und Zuneigung getragen wurde, einen Samen gepflanzt, den unsere Mutter innerhalb von zehn Monden ausgetragen hatte. In Mexiko erfuhr ich, dass die Frage, wie viele Kinder man hat, auch in der Variante gestellt wird, wie oft das Paar den gemeinsamen Acker geerntet hat.

Ohne die Sonne gibt es kein Leben auf der Erde. Die beiden nenne ich gerne als unsere kosmischen Eltern, denn wir verkörpern beide Aspekte und sind imstande unsere Ideen zu „materialisieren“. Ein Schreiner plant sorgfältig seinen Entwurf, fertigt Skizzen an, überprüft die Maße, bevor er ein Möbelstück fertigt. So bedarf ein Impuls oder eine Idee von uns immer eines bestimmten Maßes an Arbeit und Aufwand, bevor es als Buch gedruckt und gelesen oder als Kleid genäht und getragen werden kann. Auch dieser Blogbeitrag ist nach dem gleichen Prinzip entstanden.

Die Verehrung der Sonne geht auf Traditionen in prähistorischer Zeit zurück. Die Menschen in den skandinavischen Ländern, Russland, England, Schottland, Irland und Norddeutschland feiern das Leben und danken für die fruchtbaren Segnungen der Mutter Erde. „Litha“ ist der angelsächsische Name für das Fest und den Monat der Sommersonnwende.

Die Sommersonnenwende trug einen Aspekt des Todes und der Vergänglichkeit in sich. Dem gegenüber standen die länger werdenden Tage nach der Wintersonnenwende, wenn die Sonne „wiedergeboren“ wird und das Leben zurückkehrt. Aus diesem Grund ist der Mittsommer ein freudiges Fest, welches in vorchristlicher Zeit 14 Tage gedauert hat. Nach alter Überlieferung war dieser Tag mit sehr viel Mystik und Zaubermacht erfüllt, da die Sonne am höchsten steht und die meiste Kraft besitzt. Deshalb verleiht sie dem Feuerzauber die größte Wirksamkeit.

Die Kelten und Germanen glaubten, dass in der kürzesten Nacht und am längsten Tag des Jahres die Götter auf die Erde herabstiegen. Deshalb brannten sie auf Altären zu ihren Ehren die Feuer. Die Sommersonnenwende wird als eine Art „Lichtverstärkung“ gefeiert. Ab jetzt wird das Tageslicht wieder schwächer, und wenn der Abend naht, entzündet man Feuer, um das Licht zu verstärken und die Nacht zum Tag zu machen. Das Schwingen von Fackeln im Kreis symbolisiert das ewige Drehen des Jahresrades. Auch das Rollen von brennenden Sonnenrädern über die Hänge ins Tal sowie das Tanzen und das Springen über das Feuer gehören zu einem Mittsommerfest. Sprang ein junges, unverheiratetes Paar über das Feuer, so sollte das Glück in der Liebe bringen. Wenn ein Paar Hände haltend über das Feuer sprang, sollte eine Hochzeit ins Haus stehen. Allen anderen brachte ein Feuersprung Segen, überwand das Unheil und reinigte von Krankheit. Das sollte umso besser wirken, je mehr Menschen über das Feuer sprangen.

Auch dieses Jahr finden überall in Deutschland, Österreich und der Schweiz zahlreiche Sonnwendfeste und Sonnwendfeuer statt. Vielleicht begegnen wir uns dort?

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